Geschichte (bis zum 100 Jährigen Bestehen):
I
Die Gründung von Turnvereinen in Deutschland geht auf den später als Turnvater bezeichneten Friedrich Ludwig Jahn zurück, der im Jahre 1811 auf der Hasenheide bei Berlin den ersten Turnplatz einrichtete. Seine Idee, Leibesübungen zum erzieherischen Bestandteil zu machen, war neu und brauchte Jahre, bis sie schließlich 1842 die behördliche Anerkennung fand.
Auch im hiesigen Raum ließen sich viele von der Jahnschen Idee anstecken und gründeten Mitte des 19. Jahrhunderts Turnvereine. Als Beispiele seien der Aachener TV von 1847, die Aachener Turngemeinde von 1862, der Stolberger Turnverein von 1862 und der Allgemeine Turnverein Aachen von 1870 genannt.
Turnbegeisterte Breiniger taten es ihnen im Sommer des Jahres 1893 gleich und gründeten im ehemaligen Lokal Kutsch (Ecke Entengasse/Winterstraße) den Turnerbund Breinig.
Die Männer, die damals als erste die Geschicke des Vereins in die Hände nahmen, seien der Bedeutung des Augenblicks wegen namentlich aufgeführt:
Vorsitzender: | Johann Müller |
Kassierer: | Johann Joussen |
Geschäftsführer: | Wilhelm Recker |
Zeugwart: | Josef Recker |
Turnwart: | Heinrich Conrads |
Neben der Begeisterung dieser Mitglieder war es vor allem der Unterstützungsbereitschaft des damaligen Vereinswirts Peter Kutsch zu danken, der bei der Beschaffung der Geräte mithalf, dass der Turnerbund schon nach kurzer Zeit 28 Turner zählte.
Aus dem Gründungsjahr wird berichte, dass Jakob Münch beim Winterfest am 31. Dezember in Büsbach bester Turner am Reck war. -Die Urkunde von jenem Wettkampf ist uns erhalten geblieben. Sie ist gleichzeitig die älteste Vereinsurkunde.
Es gab hiernach viele Turnfeste, bei denen die Breiniger Turner erfolgreich abschnitten. Neben Barren-, Reck- und Pferdturnen standen damals Gewichtheben und Pyramidenbau auf dem Übungsprogramm; selbst Hochsprung und Stabhochsprung wurden bereits gepflegt.
Im Jahre 1912 fand die Umsiedlung des Vereinslagers von der Gaststätte Kutsch in das Lokal "Zur Treppe" statt, das bis zum heutigen Tag Vereinslokal des Turnerbunds geblieben ist.
Der Ausbruch des ersten Weltkrieges brachte dem Verein einen derben Einschnitt. Das Vereinsleben kam zum Erliegen. Als Opfer des Krieges waren 16 junge Turner zu beklagen.
II
Mit ungeheurer Energie halfen die überlebenden Turner dem Verein wieder auf die Beine.
1920 erfolgte der Anschluß an den Internationalen Turnverband, zu dem neben deutschen auch holländische und belgische Mitgliedsvereine zählten. Diese Zugehörigkeit verpflichtet jeden Verein zur Teilnahme an sämtlichen Wettstreiten. Eines dieser internationalen Turnfeste erlebten auch die Breiniger im Jahre 1921. Es ging wegen seiner sportlichen Bedeutung in die Vereinsgeschichte ein.
Doch die schwierigen Nachkriegsverhältnisse konnten auch am Turnerbund nicht spurlos vorübergehen. So brachte das Jahr 1927 einen absoluten Tiefpunkt. Die Vereinsväter erhofften deshalb mit dem Beitritt zur Deutschen Turnerschaft (DT), der guten Sachen neue Impulse zu geben.
Eine neu ins Leben gerufene Handballabteilung brachte schließlich frischen Wind in das Vereinsleben. Der damalige Kreistagsabgeordnete Wilhelm Schorens stellte dem Verein gegen eine jährliche Anerkennungsgebühr von einer Mark ein Wiesengelände an der heutigen Stockemer Straße zur Verfügung, das in Eigenleistung zum Sportplatz ausgebaut wurde. Im Laufe der Zeit erzielten die Spieler recht gute Erfolge.
Es ging wieder bergauf. Einige Breiniger Turner besuchten 1933 sogar das Deutsche Turnfest in Stuttgart.
Das Jahr 1933 war das Ende der Weimarer Republik und der Beginn des nationalsozialistischen Regimes, das von nun an Einfluss auf den Sport nahm. Die gewählten Vereinsvorsitzenden wurden durch eingesetzte Vereinsführer ersetzt. Als Wilhelm Willms, der zu der Zeit Vereinsvorsitzender war, den "Völkischen Beobachter" (das Presseorgan der Nationalsozialisten) nicht beziehen wollte, musste er sein Amt 1936 niederlegen. Es kam schließlich auch zur Auflösung des Vereins, als sich die Mitglieder weigerten, das weiße Turnerhemd mit den vier F gegen ein grünes mit Hakenkreuz zu tauschen.
Alle Unterlagen des Vereins wurden damals zum Breinigerberg in die Gaststätte Kreutz gebracht. Die Vereinsfahne nahm Kassierer Wilhelm Schreiber mit nach Hause.
Als Folge des zweiten Weltkriegs waren nicht nur der Tord viele Vereinsmitglieder zu beklagen, sondern auch der Verlust aller Vereinsunterlagen und Turngeräte.
III
In einer Pressenotiz vom 06.10.1951 hieß es:
"Vor einigen Tagen (30.09.1951) versammelten sich im Lokal Kaldenbach die alten Turner des "Breiniger Turnerbundes 1893". Hier wurde der Verein neu gegründet."
Das Interesse für diese Wiedergründung war durch einen Sportnachmittag hervorgerufen worden, den Lehrer Heinz Teubner für seine Jungen im Sommer jede Woche abgehalten hatte und an dem sich Herbert Sattler, Olympianachswuchsturner von 1936, im Laufe der Zeit maßgeblich beteiligte.
Die Versammlung wählte folgenden Vorstand:
Ehrenvorsitzender: | Wilhelm Willms |
1. Vorsitzender: | Heinz Teubner |
2.Vorsitzender: | Wilhelm Roeger |
Oberturnwart: | Peter Klöcker |
Turnwart: | Herbert Sattler |
Schriftführer: | Josef Roeger |
Kassierer: | Bernhard Hild |
Turnwartin: | Ähne Blees |
Es verdient erwähnt zu werden, dass der Turnerbund jetzt zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte auch eine Frauen- und Mädchenabteilung hatte.
Josef Kaldenbach stellte dem Verein den Saal für die Übungsabende zur Verfügung und ermöglichte so die Forsetzung des Turnbetriebs während des Winters. Schwierigkeiten machte die Gerätefrage, da die alten Geräte durch den Krieg abhanden gekommen waren. Der Spendenfreudigkeit vieler Mitglieder, Breiniger Geschäftsleute und Stolberger Firmen war es neben den Zuschüssen von Gemeinde und Kreis zu danken, dass dieses Erfordernis jedoch bald erfüllt war.
Festzüge und einige Schau- und Werbeturnen hatten dazu beigetragen, neue Begeisterung für das Turnen in der Bevölkerung hervorzurufen. Die Mitgliederzahl stieg. Ein bedeutsames Jahr für die Vereinsentwicklung nach der Wiedergründung war das Jahr 1953. Es brachte die Feier des 60jährigen Bestehens am 9. und 10. Mai und die Teilnahme von 17 Vereinsmitgliedern am Deutschen Turnfest in Hamburg in der Zeit vom 2.bis 9. August. Herbert Sattler war der erste Breiniger Turnfestsieger und wurde entsprechend gefeiert.
Da der Verein schon immer Neuem aufgeschlossen gegenüberstand, wurde 1954 das Angebot erweitert und eine Tischtennisabteilung angegliedert.
In Bedrängnis kam das florierende Vereinstreiben, als wenige Monate später die Übungsstunden nicht mehr im Saale Kaldenbach stattfinden konnten. Josef Kaldenbach zeigte aber auch dann wieder Verständnis und ermöglichte den Ausbau einer LKW-Garage zur Turnhalle. Es gab in den folgenden Monaten viel Arbeit für Vorstand und Mitglieder. Jeder legte mit Hand an. Und so konnte Anfang 1955 die neue vereinseigene Halle bezogen werden.
Ein rechtlich bedeutsames Ereignis, durch den Turnhallenbau erforderlich geworden, war die Eintragung des Vereins in das Vereinsregister unter der Nummer 585 am 04. Februar 1955.
Herbert Sattler war es zu danken, dass im Laufe der Jahre aus einigen Breiniger Jungen gute Turner wurden. So ist es nicht verwunderlich, dass sich beim Deutschen Turnfest 1958 in München unter reger Beteiligung 4 Breiniger als Sieger auszeichneten.
Es folgten Jahre, die die Breiniger Turnerinnen und Turner bei Wettkämpfen gut platziert zeigten. Auch 1963 beim Deutschen Turnfest in Essen wurden gute Leistungen erkämpft.
Leider ließ es die räumlich beengte vereinseigene Turnhalle nicht zu, dem Verein mehr Impulse zu geben. Der Durchbruch gelang erst 1964, als der Umzug in die neue Turnhalle der Schule an der Stefanstraße stattfand. In diesem Jahr vollzog sich auch ein Generationswechsel in der Vereinsführung. Der 26jährige Franz-Theo Muyrers übernahm nach drei Jahren Schriftführertätigkeit den Vorsitz von Christian Geurts.
Durch die große Halle ging es aufwärts. Im Jahr 1965 konnte der Verein bereits 105 Mitglieder zählen. Aus dem "dörflichen" Verein wurde schnell eine große Gemeinschaft. Ein breites Übungsprogramm, das nicht nur auf die Heranbildung des Turnnachwuchses ausgerichtet war, sondern auch Hausfrauen- und Jedermannturnen vorsah, kennzeichnete die aufgeschlossene Haltung der Vereinsführung. Im Jahre 1967 wurde das Übungsangebot um den Bereich Mutter und Kind erweitert und eine Prellballabteilung gegründet.
Es scheint, dass die Geschichte des Vereins im besonderen Maß mit Deutschen Turnfesten verbunden ist. Im Jahre 1968, dem Jahr des 75jährigen Vereinsbestehens, nahmen 15 Vereinsmitglieder vom 28. Mai bis 3. Juni an diesem Großereignis in Berlin teil.
Am 6. und 7. Juli wurde das 75jährige Bestehen gefeiert. Den Festabend umrahmte die Musikalische Gesellschaft Breinig unter Leitung von Albert Beißel. Einem Riesenfestzug am zweiten Tag schloss sich ein Schauturnen der Uni-Riege der Sporthochschule Köln unter Leitung von Olympiasieger Helmut Bantz an. Ein Ereignis, das die Turnhalle zum Bersten füllte. Das Jubiläumsjahr war mit 22 Veranstaltungen das ereignisreichste seit der Neugründung des Vereins.
IV
ein großer Verein muß in der Öffentlichkeit entsprechend auftreten. Deshalb wurde 1971 für die Turnkleidung das Grün des Vereinswappens als Vereinsfarbe bestimmt.
Dass Olympische Spiele auf Vereine Auswirkungen haben können, zeigte sich nach den Spielen 1972 in München.
Der Turnerbund gründete im Oktober des gleichen Jahres eine Damen-Volleyball-Abteilung, die von Willi Ganser trainiert wurde.
Ein Blick auf die Statistik der Mitgliederzahlen macht deutlich, dass moderne Methoden für die Vereinsführung nötig wurden:
Jahr | 1951 | 1960 | 1965 | 1968 | 1970 | 1972 |
Mitglieder | 60 | 86 | 105 | 212 | 320 | 383 |
So war der Turnerbund 1893 Breinig e.V. der erste Verein im Turngau Aachen, der zur bargeldlosen Beitragszahlung überging und sich die Vorteile der modernen Datenverarbeitung zunutze machte. 1973 gab sich der Verein eine an die Aufgaben der Zeit angepasste neue Satzung, die am 26.03.1973 in das Vereinsregister eingetragen wurde.
Als Franz-Theo Muyrers nach neun Jahren Tätigkeit 1974 den Vorsitz an den dynamischen Manfred Hilgers weitergab, übernahm dieser bereits einen Riesenverein mit 458 Mitgliedern.
Manfred Hilgers erkannte die Zeichen der Zeit, verschmolz bei seinem Amtsantritt die Hausfrauen- und Jedermann-Abteilung zur Abteilung "Sie und Er".
Unter der Leitung von Verena Beckers-Petters und Manfred Kremer gab es starke Impulse in der Jugendarbeit. Es wurden Fahrten, Zeltlager, Ferien in Jugendherbergen und Skiurlaube organisiert.
Ein so großer Verein braucht ein Bindeglied, ein Informationsorgan - eine Vereinszeitschrift. Im September 1978 erschien die erste Nummer unserer Vereinszeitschrift "WIR".
Im Jahre 1983, dem Jahr des 90jährigen Bestehens, übernahm Jakob Gülpen, der in jungen Jahren noch von Herbert Sattler auf den Weg des Kunstturnens geführt wurde, von Manfred Hilgers den Vereinsvorsitz, nachdem er lange Jahre als Oberturnwart und Jugendturnwart tätig war und Turntalente, wie Werner Koch, Christoph Weins und Marc Siemons heranbildete.
Im gleichen Jahr wurde das Übungsprogramm durch die Angliederung einer Aerobic-Gruppe ausgeweitet.
Das Jubiläumsjahr war ein Jahr voller Aktivitäten. Höhepunk war das Schauturnen am 13. November in der Sporthalle Glashütter Weiher, das von allen Vereinsabteilungen und den Spitzenturnern der Bundesliga-Mannschaft Bergisch Gladbach sowie von Mitgliedern der Nationalmannschaft gestaltet wurde.
Das Jubiläumsjahr fand seinen Abschluss mit einer viel beachteten Foto- und Dokumenten-Ausstellung im Pfarrheim.
Das Jahr 1985 war für die Vereinsentwicklung ein überaus wichtiges: Die wegen der Ortsentwicklung nötig gewordene Zweifach-Turnhalle konnte bezogen werden. Im Einweihungsjahr gab es ein Schauturnen, bei dem der Verein Ausschnitte seines gesamten Angebotes präsentierte. Als besondere Attraktion turnte die NRW-Landesriege der Polizei, der auch Werner Koch angehörte. Die Zuschauer in der vollbesetzten Halle kamen voll auf ihre Kosten.
Die neue Halle ermöglichte es dem Verein, ähnlich wie nach dem Bezug der neuen Turnhalle 1964, ein erweitertes Übungsprogramm anzubieten. Ende 1985 war der Mitgliederstand auf 545 angewachsen.
Die Zweifach-Turnhalle gab zusätzlich auch Gelegenheit zu größeren Veranstaltungen. So konnte der Verein 1986 die Gau-Kunstturnmeisterschaften ausrichten.
Am Deutschen Turnfest 1987 in Berlin nahm der Turnerbund mit 42 Aktiven teil. Für die Teilnehmer war es ein einmaliges Erlebnis.
Eine Gruppe Rhönradturner aus Bensberg brachten einige Breiniger Mitglieder anlässlich des Schauturnens1987 auf den Geschmack, und so wurde mit der Stolberger Turngemeinde eine Trainingsgemeinschaft für Rhönradturnen gegründet.
1988 gehörte der Verein mit 640 Mitgliedern zu den zehn mitgliedstärksten im Turngau Aachen. Um den Aufgaben in der Vereinsführung besser gerecht zu werden, wurde eine Satzungsänderung beschlossen und erstmalig ein Geschäftsführer zur Ergänzung und Entlastung des Vorstands gewählt.
Als besonderes turnsportliches Ereignis verdient das Schauturnen 1988 mit der Olympiamannschaft des Deutschen Turnerbundes erwähnt zu werden. Es war durch die besondere Vermittlung von Peter Blees, der bis zum heutigen Tag unserem Verein verbunden geblieben ist, möglich geworden.
Jakob Gülpen, der stets ein Auge für Turntalente gehabt hatte, fand wieder eine neue Begabung: Es war Thomas Heinen, der 1989 1. Sieger im Vierkampf für 11- bis 12jährige beim Landesturnfest in Bonn wurde.
In diesem Jahr war Leo Siemons, der dem Verein bereits seit der Wiedergründung angehört, neuer Vorsitzender geworden. Im Oktober des gleichen Jahres konnte er das 700. Mitglied begrüßen.
Aufgrund des regen Interesses von Herzkreislauferkrankten entschloss sich der Turnerbund Anfang 1990 zur Etablierung einer so genannten Koronargruppe, die unter Leitung besonders ausgebildeter Übungsleiter und unter steter ärztlicher Aufsicht und Betreuung ein aufbauendes körperliches Training absolviert.
Im März 1991 führte der Turnerbund die Rheinischen Prellball-Meisterschaften in Breinig aus.
Im Jahr vor dem Jubiläum, im September 1992, wurde das Übungsprogramm durch eine Jazz-Dance-Gruppe erweitert. Eine gute Alternative zum Leistungsport.